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Unsere Tierschutz-Themen von A-Z

Qualzucht

Der Natur ins Handwerk gepfuscht

Was ist eigentlich...???

...eine Qualzucht?

 Der Natur ins Handwerk gepfuscht

Sie können nicht richtig atmen, laufen oder fressen, sie leiden unter Hitze, Kälte, Aufregung und Anstrengung - weil Menschen willkürlich Schönheitsideale für Tiere festlegen, ist Möpsen & Co ein arttypisches Leben untersagt. 

Wenn die natürlichen Merkmale der Tiere so verändert werden, dass ihnen Schmerzen entstehen, greift das Tierschutzgesetz reglementierend ein. §11 b TSG (1) untersagt züchterische Eingriffe, die für Tiere mit Leiden verbunden sind - eigentlich. Denn bislang scheint sich kaum jemand wirklich an das Qualzuchtverbot zu halten.    

 Jüngstes Beispiel eines irrationalen Zuchtziels zum Schaden der Tiere (Qualzucht) ist ein Araberfohlen. Der junge Hengst wurde im letzten Herbst der Öffentlichkeit als Sensation präsentiert: Durch gezielte Kreuzung gelang es den amerikanischen Züchtern, das naturgemäß geschwungene Profil der Vollblüter dramatisch zu verstärken.

El Rey Magnum werde aufgrund des extremen konkaven Profils schwerwiegende Atemprobleme bekommen und niemals belastbar sein können, prognostizierten entsetzte Tierärzte bei der Vorstellung des Arabers. Schon auf den Bildern ist zu sehen, wie der junge Hengst um Luft ringt. Die ohnehin geweiteten Nüstern, typisch für Araber, sind bereits im Stand weit aufgerissen, der schmale Körper bebt. Doch die Züchter bescheinigen ihrem Araberhengst ein "Aussehen nahe der Perfektion" und lassen ahnen, dass sie weiter an ihrer Vorstellung eines Inbegriffs des Perfekten arbeiten werden. 

Allerdings müssen wir gar nicht nach Amerika schauen - auch auf unseren Straßen hören wir Möpse und Französische Bulldoggen röcheln, sehen Dackel mit überlangem Körper auf kurzen Beinen Trippelschritte machen und wundern uns, wie haarlos gezüchtete Hunde und Katzen den Winter überstehen. Widderkaninchen stolpern über ihre mittlerweile 65 cm lang gewordenen Ohren, und Bernhardiner sind so imposant geworden, dass sie nicht mehr wie vor Jahren 50 kg wiegen, sondern bereits über 75 kg.

Angorakaninchen haben so viel Wolle, dass sie bis zu vier Mal jährlich geschoren werden müssen - eine Höchstbelastung für die sensiblen Fluchttiere. Auch die Kleinsten unter den Hunden sind hocherregbar, was im Zweifelsfall nicht bemerkt wird, weil die Winzlinge als "Taschenhunde" Furore gemacht haben.

Überhaupt lieben die Menschen all das, was ihren "Beschützerinstinkt" weckt - und deswegen müssen die Tiere immer "niedlicher" werden. Wie man das Kindchenschema bedient, wissen die Zuchtverbände: Große Kulleraugen, runde Stirnen, flache Nasen, kurze Beine und lange Ohren sind tierische Verkaufsschlager. Ob der Mops - und mit ihm die Französische Bulldogge, Boxer und Perserkatzen - mit ihren besonders runden Köpfen und kurzen Nasen ebenso gut werden atmen können wie ihre Ahnen, dürfte auch die Preisrichter auf den Rassezuchtschauen nicht wirklich interessieren. Hier werden Bestnoten für das Exterieur verteilt, wenn es dem Zuchtideal so nahe wie möglich kommt. Dass eine Französische Bulldogge prämiert wird, weil ihr krankhaft deformierter Schädel - mit großen Augen, gewölbter Stirn und weit auseinanderliegenden Augenhöhlen - der Idealvorstellung der Zuchtlobby entspricht, ist schon mehr als zynisch.

Nein, nicht zynisch, sondern Tierquälerei, sagen Kritiker wie der Bundesverband Tierschutz. Mit seinen Partnern im Bündnis Tierschutzpolitik Berlin hat er die amtierende Bundesregierung aufgefordert, den "Qualzucht-Paragraphen" endlich zu konkretisieren.

In § 11b TSG (1) heißt es: "Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch bio- oder gentechnische Maßnahmen zu verändern, wenn damit gerechnet werden muss, dass bei der Nachzucht, den bio- oder gentechnisch veränderten Tieren selbst oder deren Nachkommen erblich bedingte Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden und Schäden auftreten."

Nach dieser Definition dürfte es Tiere gar nicht geben, deren natürliche Merkmale von Menschen so "korrigiert" wurden, dass sie kein arttypisches Leben mehr führen können. Wenn Französische Bulldoggen aus kugelrunden Augen in die Welt blicken, dann ist dieser zweifelhafte Zuchterfolg teuer erkauft: Die Augenlider schließen nicht richtig - und die Augen können tatsächlich vorfallen. Dann droht Blindheit. Wie auch beim Mops führt der verkürzte Gesichtsschädel mit der flachen Nase zu ständiger Atemnot. Vorsicht ist dann bei allen Situationen geboten, die das Herz-Kreislaufsystem weiter fordern, wie zum Beispiel Laufen, Spielen, Anstrengungen, Aufregungen, Temperaturschwankungen, Autofahren etc. Selbst das Futteraufnehmen ist kompliziert für Mops & Co, denn aufgrund des kurzen Oberkiefers schließt das Gebiss nicht korrekt, kaum finden die Zähne Platz in dem künstlich verengten Kiefer.

Und dann gibt es Katzen, die mit hohen Zugriffszahlen in den sozialen Netzwerken präsentiert werden, die ganz absonderlich im Arm ihrer Besitzer hängen. Diese fehlende Körperspannung der Rag Doll Cats ist erwünscht! Ihnen wurden die Reflexe fortgezüchtet, auf dass ihre Halter sie wie schlaffe Stofftiere herumtragen können. Auch Nacktkatzen (und Nackhunde) sind nicht wirklich glücklich zu nennen: Sie sind haarlos und frieren in Folge ihres verlorenen Fell-Schutzes nicht nur im Winter, sondern ständig. Sie müssen sich sehr anstrengen, ihre Körpertemperatur zu halten, benötigen dazu sehr viel mehr Kalorien. Im Sommer droht die Gefahr eines Sonnenbrandes - und wenn sich Nacktkatzen trotz aller Unbill in ihrem Leben dennoch abends auf die Pirsch begeben würden, hätten sie auch da Probleme: Denn das Zuchtziel der Haarlosigkeit hat ihnen auch die Tasthaare genommen, so dass sie sich schwer in der Dämmerung orientieren und erst recht keine Kommunikation zu Ihresgleichen aufnehmen können. 

Qualzuchten unter Tierarten gibt es natürlich auch im Bereich der Landwirtschaft: Schweine, die so viel Ferkel werfen, dass die Zitzen nicht ausreichen, Hochleistungskühe mit Eutern, die fast auf den Boden reichen, und viele Beispiele mehr. Dass der Qualzucht-Paragraph im Tierschutzgesetz in der Praxis weitestgehend ignoriert werden kann, liegt nach Ansicht von Tierschutzverbänden an der schwammigen Formulierung des §11bTSG (1). Der Gesetzgeber müsse endlich detailliert festlegen, wann ein Tier unter welchen züchterischen Eingriffen so leidet, dass ihm ein arttypisches Leben erschwert bzw. nicht möglich ist, fordern die im Bündnis zusammengeschlossenen Tierschutzverbände. Verboten werden müssten ebenfalls die Haltung, der Verkauf von Tieren, die aus Qualzuchten stammen und die Ausstellung auf Wettbewerben.     




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