Geschlechterbestimmung im Hühnerei – Bundesverband Tierschutz bewertet das Verfahren kritisch und fordert Einsatz von Zweinutzungshühnern
Berlin, 26.11.2018: Anfang November verkündete Landwirtschaftsministerin Klöckner den Durchbruch bei der Geschlechterbestimmung im Hühnerei. Mit dem neu entwickelten endokrinologischen Verfahren, bei dem das Hühnergeschlecht aus der Allantoisflüssigkeit bestimmt werden kann und durch das Aussortieren der männlichen Embryonen nur noch weibliche Tiere erbrütet werden, könne zukünftig auf das Vergasen von etwa 45 Millionen Küken in Deutschland verzichtet werden. Die Ministerin lobt die Vorstellung der neuen Technik als großen Tag für das Tierwohl in Deutschland. Doch in die Euphorie mischen sich auch kritische Stimmen.
„Wir begrüßen alle Anstrengungen, die dazu beitragen, das unsägliche Töten von männlichen Küken zu verhindern. Ob das von Frau Klöckner vorgestellte Verfahren tatsächlich das Verfahren der Wahl ist, muss aus Tierschutzsicht ernsthaft hinterfragt werden“, so die Einschätzung von Dr. Gerd Gies, Vorsitzender des Bundesverbandes Tierschutz e.V.
Das Verfahren kann erst zwischen dem 9. und 11. Bebrütungstag sichere Ergebnisse liefern. In dieser Zeit hat sich das befruchte Ei aber bereits so weit entwickelt, dass Nervenzellen ausgebildet sind und der Embryo Schmerzen empfinden kann. „Gegenüber dem Töten von Eintagsküken mag das vorgestellte Verfahren eine Verbesserung darstellen, dennoch wird weiterhin über Leben oder Tod eines Mitgeschöpfes auf der Basis seiner ökonomischen Leistung entschieden. Statt weiterhin einseitig auf Legeleistung zu züchten, sollten sich die Zuchtunternehmen auf das Zweinutzungshuhn rückbesinnen“, so die Forderung von Gies.
Die Aufzucht männlicher Küken wird bereits jetzt schon praktiziert. Wegen des geringen Fleischansatzes und der langen Mastdauer ist das Verfahren aber nur rentabel, wenn die Mehrkosten über einen höheren Eierpreis der weiblichen Geschwister aufgefangen werden. Über eine Nischenproduktion ist dieses Verfahren bisher nicht herausgekommen.
Die Geflügelwirtschaft scheint an einem Zweinutzungshuhn auch kein Interesse zu haben, da dadurch eine Konkurrenz zum herkömmlichen Mastgeflügel entstehen würde. Nur so ist zu erklären, dass das Landwirtschaftsministerium über 5 Millionen Euro Forschungsgelder in Verfahren investiert, bei denen weiterhin Tiere als zu unproduktiv aussortiert werden.
„Wir fordern eine ethisch saubere und tierschutzgerechte Lösung in der Legehennenhaltung, diese kann nur in der Wiederbesinnung und züchterischen Weiterentwicklung des Zweinutzungshuhns liegen“, bekräftigt der BVT-Vorsitzende Dr. Gies abschließend.