Sehr geehrter Herr Bundeslandwirtschaftsminister,
alle Medien haben über das Frachtschiff mit 19.000 Rindern berichtet, das im Februar im Hafen von Kapstadt lag.
Können Sie die Bilder vergessen? Wir nicht!
Rinder bis zum Bauch in ihren Exkrementen, nachdem sie bereits über 2,5 Wochen auf See unterwegs waren und auf ihre Weiterfahrt in den Nahen Osten warteten. Hohe Ammoniakkonzentration, zwischen lebenden Tieren qualvoll verendete und sterbende, so fanden die Tierschutzorganisation NSPCA mit ihrem Tierschutzinspektor die Rinder vor.
Sie werden sagen: Das sind keine Tiere aus Deutschland oder Europa – doch Sie wissen genauso gut wie wir, dass deutsche Tiere denselben Torturen auf dem Weg nach Marokko, Algerien, Ägypten, dem Libanon und der Türkei ausgesetzt sind. Was Tieren auf Langstreckentransporten widerfährt, ist hinreichend dokumentiert und schockiert die Gesellschaft, jeden fühlenden Menschen – und doch hat ein Verbot der grausamen Langstreckentransporte in außereuropäische Drittländer keine Erwähnung im Referentenentwurf für ein neues Tierschutzgesetz gefunden.
Was ist das Tierschutzgesetz dann wert? Und was besagt der Verfassungsrang des Tierschutzes, wenn solch ein Leid von Tieren billigend in Kauf genommen wird?
Die Bundesregierung setzt weiter auf den Export von Rindern in die islamische Welt, weil die Ausfuhren höchst lukrativ sind. Wirtschaftliche Aspekte lassen vergessen, dass es sich bei jedem einzelnen transportierten Tier um ein fühlendes, Schmerz empfindendes Lebewesen handelt. Ein Lebewesen mit einem Recht auf sein Leben, auf eine humane Behandlung durch uns Menschen, auf einen respektvollen Umgang – weiter können wir nicht von diesen Idealen entfernt sein als im Angesicht der erbarmungslosen Tiertransportpraxis!
Ihr Ministerium betont, dass Exportverbote nicht erlassen werden können – anstatt sich stark zu machen und juristisch zu untermauern, wie Exportverbote von Tieren in Hochrisikostaaten möglich wären. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat im Sommer 2022 dazu seine Einschätzung geäußert, die dahin geht, dass sehr wohl Tiertransporte in Länder außerhalb der EU unterbunden werden können, wenn das Risiko besteht, dass Tiere dabei Verletzungen und Leiden ausgesetzt sind.
Deutsche Gerichte stellen wieder und wieder in Frage, ob Tiere aus Deutschland wirklich Tierschutzverstöße auf Langstreckentransporten erdulden – anstatt Wege zu finden, jeden einzelnen Tiertransport zu untersagen, um dem Tierschutz im Grundgesetz Rechnung zu tragen.
Nutzen Sie, sehr geehrter Herr Özdemir, die Zeit in Ihrem Amt, um mutige, konsequente und zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen.