Seit Jahren nimmt die Zahl heimatloser, verwilderter Katzen zu. Nicht nur in ländlichen Regionen wird ein stetes Anwachsen der Populationen registriert, sondern auch in vielen deutschen Städten. Allein in Berlin sollen mittlerweile fast 100.000 herrenlose Katzen leben.
Der BVT fordert schon lange eine bundesweite flächendeckende Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für „Freigänger“. Als erste Stadt in Deutschland hat Paderborn eine entsprechende Verordnung erlassen, die konsequenterweise die Katzenbesitzer als Verursacher in die Verantwortung nimmt.
Seit Februar 2009 müssen Katzen, die älter als fünf Monate sind und Freilauf bekommen, kastriert und gekennzeichnet sein. Wer gegen die Auflage verstößt, riskiert ein Bußgeld. Inzwischen folgen weitere Städte wie zum Beispiel Delmenhorst dem „Paderborner Modell“. Noch gibt es keine bundesweite Vorgabe, doch der bmt hofft, dass die kommunalen Regeländerungen Schule machen. Dabei können Tierfreunde aktiv mithelfen!
Katzenelend in Deutschland nimmt immer stärker zu -
schon mehr als zwei Millionen herrenlose Samtpfoten
Weit entfernt vom Mythos der Freiheit führen Katzen, die – anders als viele Menschen meinen – nicht auf ein selbständiges Leben in freier Natur eingerichtet sind, einen harten Überlebenskampf. Ihre Feinde sind der tägliche Hunger, Krankheiten, die Gefahren der Straße und der Mensch. Mehrere Hunderttausend Katzen fallen jährlich dem Verkehr zum Opfer, werden von Jägern im Rahmen des Jagdschutzes erschossen und der unerwünschte Nachwuchs von den Besitzern gesetzeswidrig getötet, ertränkt oder ausgesetzt.
Die Katzen, die ausgezehrt, oft krank und verletzt in Gärten, Parks, auf verwilderten Grundstücken und verlassenen Fabrikarealen siedeln, sind Nachkommen von behüteten Katzen mit Freigang. So sehr es zu begrüßen ist, dass Katzenhalter ihren Tieren das abenteuerliche, artgerechte Erkunden ihrer Umwelt ermöglichen möchten, so sehr ist die damit verbundene Verantwortungslosigkeit zu verurteilen: Denn jede unkastrierte Katze und jeder unkastrierte Kater mit Freigang trägt entscheidend zur weiteren Verelendung der Katzenpopulation bei!
Geschlechtsreife Katzen (ca. ab dem 7. Lebensmonat) können bis zwei bis drei Würfe im Jahr mit vier bis acht Jungen zur Welt bringen und schon ein bis zwei Wochen nach ihrer Trächtigkeit wieder rollig (Zeitraum der Paarungsbereitschaft) werden. Besonders schnell wächst der Bestand in begrenzten Lebensräumen wie Bauernhöfen oder Campingplätzen und mit ihm das Reservoir an übertragbaren Erregern. Katzenschnupfen und Katzenseuche, aber auch Leukose, Augenkrankheiten, Parasiten, Flöhe und Würmer suchen die durch chronische Mangelernährung geschwächten Tiere heim.
Gerade auf dem Land wird in der Regel die Auffassung vertreten, dass der Bestand sich von selbst reguliere, wenn Tierschützer ihre Hilfe bei der Kastration und medizinischen Versorgung von ausgezehrten, kranken „Bauernhofkatzen“ in ländlichen Regionen anbieten. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Katzen vermehren sich trotz harter Lebensbedingungen und schlechtem Allgemeinzustand zahlreich – wie auch jede nachfolgende Generation.
Wenn eine Katze nur zwei Mal jährlich wirft und drei Jungtiere überleben, so das viel zitierte Rechenbeispiel, wächst die Population innerhalb von sieben Jahren auf 420.000 Tiere an. Vermehren sich alle Nachkommen entsprechend, ergibt sich innerhalb eines Jahrzehnts die stattliche Zahl von 240 Millionen Katzen!
Bei rechtzeitigem Kontakt zu Menschen (bis ca. siebte Lebenswoche) sind die Kleinen – anders als ihre furchtsamen Eltern – durchaus in der Lage, eine enge Beziehung zu ihren Bezugspersonen aufzubauen und können noch problemlos in liebevolle Hände vermittelt werden. Leider gilt das nicht für ihre älteren Artgenossen, die halb verhungert, krank oder verletzt von Tierheimen aufgenommen und oft aufwändig (und kostenintensiv) medizinisch versorgt werden müssen. Diese Tiere haben in der Regel so lange in Freiheit und mit der instinktiven Furcht vor Menschen gelebt, dass sie nicht vermittelbar sind.
Für die ohnehin ausgelasteten Tierheime bedeutet die Dauerversorgung der scheuen Wilden eine zusätzliche personelle, räumliche und finanzielle Belastung. Hinzu kommt, dass die an freies Umherstreifen gewöhnten Katzen physisch und psychisch unter der ungewohnten Haltung – eingesperrt und zwangsvergesellschaftet mit anderen Katzen – leiden und sich im Laufe ihrer „Gefangenschaft“ nicht selten sogar aufgeben.
Keine Lösung: Fütterungsverbote sind aus Sicht des Tierschutzes streng abzulehnen!
Während Österreich als erstes Land schon 2005 die Besitzer von freilaufenden Katzen durch eine verpflichtende Kastration und Kennzeichnung per Bundesgesetz in die Verantwortung nahm, gingen einige deutsche Gemeinden in den vergangenen Jahren dazu über, Fütterungsverbote für herrenlose Katzen zu erlassen.
Anstatt auf eine tiergerechte und nachhaltige Lösung wie die Kastration (mit Rückkehr an den angestammten Futterplatz bei weiterer sachkundiger Betreuung der Futterstellen) zu setzen, wurde billigend der jämmerliche Tod der Katzen durch Verhungern in Kauf genommen, kritisierte der bmt.
Dabei ist die Errichtung zentraler Futterstellen mit konsequenter Kastration, wie von Tierschutzorganisationen, Katzenschutzverbänden und privaten Tierfreunden seit langem praktiziert, aus mehreren Gründen sinnvoll:
Kastration, Kennzeichnung und Registrierung –
der einzig tiergerechte und nachhaltige Weg
Bevor die Bundesregierung eine verpflichtende Kastration und Kennzeichnung bundeseinheitlich gesetzlich festschreibt, sind die Kommunen gefordert, so das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Nach Paderborn und Delmenhorst diskutieren mittlerweile auch Städte wie Berlin, Köln und Göttingen eine entsprechende Verordnung.
Bislang tragen Tierschutz- und Katzenschutzvereine den Mammutanteil der Kosten für Kastration und Kennzeichnung, von der medizinischen Versorgung ihrer zahlreichen heimatlosen Schützlinge ganz zu schweigen. In der Regel erhalten sie keine Unterstützung von den Kommunen für ihre dem Allgemeinwohl dienende und den Steuerzahler entlastende Aufgabe. Die Lösung kann nur heißen, die Verursacher des Katzenleids – die Katzenhalter – in die Pflicht zu nehmen, wie es Österreich seit Jahren per Bundesgesetz praktiziert.
In Paderborn müssen Freigänger ab dem fünften Lebensmonat kastriert werden – wer gegen die Auflage verstößt, muss mit einem Bußgeld rechnn. Das gilt ebenfalls für Personen, die Katzen an Futterstellen versorgen und nicht kastrieren lassen. Durch die Kennzeichnung mit Mikrochip (ohne Narkose möglich) kann die Kastration nachvollzogen werden und bietet außerdem die Möglichkeit, den Besitzer des Tieres ausfindig zu machen, wenn gleichzeitig eine Registrierung vorgenommen wurde.
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Was können Sie noch tun?
Im Kasten
Der BVT weist darauf hin, dass alle Tötungsmaßnahmen (Erschießen, Vergiften, Fangen zwecks Tötung etc.) von Katzen und ihren Nachkommen mit dem Tierschutzgesetz nicht vereinbar sind! Gleiches gilt für das Aussetzen von Katzen(würfen) und das plötzliche Beenden einer bislang regelmäßigen Fütterung.
Im Kasten/Spalte
Kastration und Sterilisation –
unterschiedliche chirurgische Eingriffe
Katzen werden sterilisiert und Kater kastriert? Diese Einschätzung hält sich hartnäckig. Doch bei der Kastration und Sterilisation handelt sich um verschiedene chirurgische Eingriffe: Während bei der Kastration die Keimdrüsen – die Eierstöcke bei der Katze, die Hoden beim Kater – entfernt werden, unterbricht/unterbindet man die männlichen Samenleiter bzw. die weiblichen Eileiter bei der Sterilisation. So werden die Tiere zwar unfruchtbar, aber der Geschlechtzyklus und die damit verbundenen Aktivitäten bleiben erhalten.
Anders bei der Kastration: Hier werden Fortpflanzung und entsprechende Verhaltensweisen ausgeschaltet. Kater markieren ihre Umgebung nicht mehr geruchsintensiv mit Urin, sind seltener in Revier- und Konkurrenzkämpfe verwickelt und reduzieren ihren Aktionsradius im Freien (und damit die Unfallgefahr), weil sie nicht auf „Brautschau“ gehen müssen. Katzen werden nicht mehr rollig, und das Risiko, Gebärmutter- und Gesäugetumoren zu erkranken, geht gegen Null. Die Tiere werden allgemein anhänglicher, und ihre Lebenserwartung steigt beträchtlich. Der Grund: Bei Revier- und Konkurrenzkämpfen sowie dem Deckakt werden häufig Infektionskrankheiten (Katzenleukämie, Katzen-Aids, Katzenseuche etc.) übertragen. In der Praxis werden ausschließlich Kastrationen durchgeführt – bei Tieren mit Freigang vor Einsetzen der Geschlechtsreife nach dem fünften Monat.
Mit Respekt vor dem Leben
Was Eltern für ein entspanntes, konfliktfreies Miteinander zwischen Kindern und Hund tun können, erklärt die Tierheimleiterin Gabi Wettläufer in der aktuellen Ausgabe der BVT-Zeitung 1/2018.
Der Tierschutz: Im Januar wurde ein alter Jack Russel im Tierheim abgegeben, weil er ein Kind angeknurrt hatte. Wie kommt es zu solchen Vorfällen?
Gabi Wettläufer: Weil die Verantwortlichen - in diesem Fall die Großeltern und die Mutter - das kleine Mädchen im Umgang mit dem alten Hund offensichtlich nicht angeleitet hatten. Anton ist 14 Jahre alt, auf einem Auge blind und hört schlecht. Wenn da ein temperamentvolles Kleinkind unvermittelt an seinen Korb stößt oder nach ihm greift, wird er sich erschrecken und knurren oder die Zähne zeigen - anders kann er sich nicht bemerkbar machen.
Doch der Punkt ist: Zu solchen Vorfällen darf und muss es nicht kommen, wenn Eltern verantwortungsvoll das Verhältnis zwischen Kindern und Hunden begleiten. Der Respekt vor dem Leben, vor allen Lebewesen, ob Hund, Katze, Kaninchen oder Biene muss von den Erwachsenen vorgelebt und den Kindern entsprechend nahegebracht werden.
Der Tierschutz: Wie schaffen Eltern das?
Gabi Wettläufer: Ich rate dazu, feste Regeln aufzustellen, die von allen Beteiligten eingehalten werden müssen. Ganz oben steht die Achtung vor dem jeweils Anderen.
So muss der Hund genauso lernen, dass er sich nicht mit den Spielsachen der Kinder beschäftigen darf, wie auch die Kinder dem Hund nicht seine Spielzeug fortnehmen dürfen. Ohne Genehmigung der Erwachsenen darf der Hund nicht auf die Decke zu den Kindern und die Kinder nicht an den Schlaf- oder Futterplatz des Hundes - das sind zum Beispiel die allersten Grundsätze, die von allen Seiten befolgt werden müssen.
Der Tierschutz: Unter welchen Umständen stimmen Sie einer Vermittlung eines Tierheimhundes in eine Familie nicht zu?
Gabi Wettläufer: Wenn zum Beispiel Eltern zu mir kommen und erklären, dass sie einen "kinderfreundlichen" Hund wünschen, der vieles "abkönnen" muss.
So soll der Hund sich von den Kindern gefallen lassen, dass ihm etwas fortgenommen wird, die Kindern ihn am Schwanz ziehen, über ihn fallen, auf seine Pfoten treten, ihn beim Fressen stören und vieles mehr. Es geht mir hierbei um die Erwartungshaltung, die manchen Eltern selbstverständlich scheint: Der Hund oder jedes anderes Tier muss sich alles gefallen lassen können, alles erdulden. Doch ich sage es noch einmal: Der Hund hat nur seine Zähne, um sich zu wehren.
Der Tierschutz: Haben Sie auch schon erlebt, dass sich Familien von ihrem Hund trennen, ohne dass es einen schwerwiegenden Vorfall mit dem eigenen Nachwuchs gab?
Gabi Wettläufer: Auch das. Das sind dann oft Eltern, die sehr innig mit ihrem Hund waren - bis dann das Baby kommt. Ab sofort zählt nichts mehr, nur noch das Kleine. Es wird zum bestimmenden Lebensmittelpunkt, da sind nicht einmal mehr gemeinsame Hundespaziergänge möglich. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Mütter ihre Babys nicht mehr im Kinderwagen fahren, sondern in Tüchern direkt am Bauch tragen. So ist natürlich die Beweglichkeit stark eingeschränkt, sie können sich nicht bücken oder eingreifen, wenn es in der Interaktion mit anderen Hunden nötig werden sollte.
Der Tierschutz: Ein Hund, der sehr eifersüchtig auf die Ankunft des Babys reagiert hat, ist der kürzlich im Tierheim abgegebene Australian Shepherd Cheewie. Wie erklären Sie sich seine ausgeprägte Ablehnung?
Gabi Wettläufer: Natürlich können wir nicht wissen, was wirklich in der Familie vorgefallen ist. Wir haben nur erfahren, dass Cheewie das "ein und alles" für seine Menschen war. Sie haben ihn ausgelastet, sich mit ihm beschäftigt, die Hundeschule besucht, die Trickdogschule - doch als das Kind kam, war Schluss mit den Gemeinsamkeiten. Australian Shepherds sind ohnehin sehr sensibel; Cheewie scheint sich extrem zurückgesetzt gefühlt zu haben. Die Besitzer haben uns gesagt, dass sie um das Leben ihres Kindes fürchten mussten, weil die Eifersucht des Hundes so groß war. Auch hier im Tierheim reagiert der Rüde heftig, wenn Kinder an seinen Zwinger treten. Vielleicht hat es da noch etwas anderes gegeben...
Der Tierschutz: Welche Voraussetzungen sollten Interessenten für Cheewie mitbringen?
Gabi Wettläufer: Sie sollten Erfahrung in der Hundehaltung haben, besonders aber mit Australian Shepherds vertraut sein. Cheewie ist unsicher in bestimmten Situation. Der Dreijährige braucht Menschen, auf die er sich verlassen kann. Souveräne Bezugspersonen, die ihm Sicherheit geben und Grenzen setzen. Die Kinder sollten nach seiner Vorgeschichte schon im jugendlichen Alter sein. Wir werden diese Vermittlung, wie alle anderen übrigens auch, sehr verantwortungsvoll begleiten - Cheewie ist ein wunderbarer Hund mit großartigen Anlagen. Er braucht jetzt einfach eine zweite Chance.
Der Tierschutz: Labradore gelten als Familienhunde, Schäferhunde nicht. Was halten Sie von solchen Klassifizierungen?
Gabi Wettläufer: Gar nichts! Kein Hund ist aufgrund seiner Rasse Kindern besonders zu- oder abgeneigt, da kann man nicht pauschalieren. Es gibt Hunde, die mit Kindern Schwierigkeiten haben - und da gehören tatsächlich häufig Labradore dazu. Während viele Schäferhunde Kindern innig zugetan sind. Meine eigene Schäferhündin, deren Herkunft im Dunkeln liegt, ist problematisch mit Artgenossen, auch mit vielen Erwachsenen. Aber Kinder liebt sie über alles.
Möglicherweise liegt es aber auch daran, dass die Besitzer von Labradoren sehr oft Ersthundehalter sind. Wer sich einen Schäferhund anschafft, hat in der Regel Hundeerfahrung und stellt für einen konfliktfreien Umgang mit Kindern die richtigen Weichen.
Der Tierschutz: Würden Sie jungen Familien von der Hundehaltung abraten?
Gabi Wettläufer: Nein, nicht grundsätzlich. Man muss von Fall zu Fall entscheiden. Ich würde noch unerfahrenen Hundehaltern allerdings immer raten, zu warten, bis die Kinder im Grundschulalter sind und dann einen ausgeglichenen, erwachsenen Hund ins Haus zu holen, keinen Welpen. Da stoßen die Eltern, selbst wenn nicht beide berufstätig sind, schnell an ihre Grenzen der Belastbarkeit.
Ein Hund ist wie ein weiteres Kind; er braucht Erziehung, Pflege, Ansprache, Bewegung und Beschäftigung. Das heißt: Aufstehen um 6 Uhr morgens, trotz Regen, Schnee und möglichem Unwohlsein. Dann brauchen die Kinder Frühstück, müssen in die Schule, haben Freizeitaktivitäten am Nachmittag und brauchen vielleicht Unterstützung bei den Hausarbeiten. Wie man da einem Hund, der seine eigenen Bedürfnisse hat, gerecht werden will, ist mir ein Rätsel - es geht einfach nicht! Das sehen übrigens die Interessenten dann genauso, wenn wir gemeinsam überlegt haben, dass ein Hund mit seinen Ansprüchen tatsächlich nicht in den Tagesablauf zu integrieren ist.
Der Tierschutz: Sie als Tierheimleiterin bekommen fast täglich mit, wie Menschen die Verantwortung Tieren gegenüber mit Füßen treten. Was macht Sie besonders böse?
Gabi Wettläufer: Wir sprachen am Beginn schon darüber: Respektlosigkeit im Umgang mit Tieren, mangelnde Verantwortung und die ungeheure Erwartungshaltung, dass alle anderen bei der Problemlösung helfen müssen, ärgert mich gewaltig. Man schafft sich einen Welpen im Internet an, kommt mit dem heranwachsenden, geschlechtsreifen Hund nicht zurecht und bringt ihn uns. Oft mit dem Zusatz: Wenn ihr ihn nicht nehmt, setze ich den Hund eben aus.
Oder anderes Beispiel: Die Leute wollen ihren Hund im Tierheim abgeben, weil er diese Eigenschaft hat oder jene erwünschte nicht hat, und einen neuen Hund mitnehmen. Sie wollen ihren Hund, ein Lebewesen, einen treuen Gefährten, einfach umtauschen, als wäre er eine defekte Waschmaschine. Das ist eine ungute Entwicklung, ein Ausdruck unserer Wegwerfgesellschaft.
Ich möchte an dieser Stelle an alle Tierbesitzer appellieren: Kommen Sie rechtzeig ins Tierheim, wenn sich Probleme mit Ihrem Hund andeuten. Wir können aus unserer langjährigen Erfahrung viele Ratschläge geben, mit denen sich die Schwierigkeiten lösen lassen. Ein vertrauensvolles Verhältnis zu seinem Hund muss man sich erarbeiten. Nehmen Sie sich diese Zeit, sich, Ihrer Familie und Ihrem Hund zuliebe.
Die wichtigsten Infos in Kürze
- Es gibt keine "kinderfreundlichen" Hunderassen. Hunde müssen im Umgang mit Kindern von den Erwachsenen angeleitet werden, was auch umgekehrt gilt
- Wichtig ist, dass Hunde in ihren Prägephasen gute Erfahrungen mit Kindern machen können. Dass diese Begegnungen für beide Seiten positiv verlaufen, liegt in der Verantwortung der Erziehungsberechtigten
- Hunde sollten nicht nach ihrem Aussehen erwählt werden, sondern nach ihren Eigenschaften, ihrem Charakter und der genetischen Ausstattung. Ein Jagdhund oder Herdenschutzhund, um nur zwei Beispiele zu nennen, bringt Anlagen mit, die sich mit einem ausgefüllten Familienalltag sicher nicht vereinbaren lassen
- Hunde - wie auch alle anderen Tiere - dürfen niemals als "Kinderspielzeug" angeschafft werden. Tiere sind eigenständige Persönlichkeiten mit oft sehr ausgefeilten und spezifischen Ansprüchen an Haltung, Umgang und Auslastung
- Schluss mit falschen Erwartungshaltungen wie diesen: "Der Hund muss sich von unseren Kindern alles gefallen lassen können"; "der Hund muss sich ganz problemlos in unseren Alltag einfügen und alles mitmachen können". Hunde müssen nicht überall (Einkaufen, Kindergeburtstag etc.) dabei sein. Sie brauchen Ruhe, einen Rückzugsort und einen geregelten Tagesablauf. Ein strukturierter Tag gibt ihnen Sicherheit - das ist eine wichtige Voraussetzung für einen ausgeglichenen Hund
- Bevor ein Hund ins Haus kommt, sollte sich die Familie mit allem beschäftigen, was einen Hund ausmacht. Wie sind seine Bedürfnisse, wie seine Körpersprache, seine Kommunikation? Können wir den besonderen Ansprüchen dieses Hundes (oder eines anderen Tieres) in unserem Alltag gerecht werden oder können wir aus Zeitgründen der Erziehung/der Beschäftigung/der Auslastung/der Bewegung des Hundes doch nicht gerecht werden?
- Vorsicht mit Fehleinschätzungen wie dieser: "Ein kleiner Hund eignet sich gut für ein kleines Kind". Hunde kleiner Rassen haben in der Regel eine sehr niedrige Reizschwelle, sind nervös, hektisch, übererregt, geräuschempfindlich und reagieren häufig mit Unmut auf kindliches Temperament
- Auch umgekehrt gilt: Welpen wollen nicht von Kindern herumgetragen und vielleicht sogar fallen gelassen werden. "Spielerische" Kämpfe um Spielzeug und Futter sind völlig tabu, schon scharfe Milchzähne können Kinder empfindlich verletzen. Und wieder liegt es an den Eltern, ihre Kinder so anzuleiten, dass Welpen die Beißhemmung erlernen sowie Kindern beigebracht werden muss, dass der Welpe mit dem ersten Tag seines Einzugs eine eigenständige Persönlichkeit ist. Und das heißt: Dem Welpen wird nichts fortgenommen, er wird nicht geärgert, aus seinem Korb gehoben, nicht verjagt und nicht "aus Spaß" gepikt oder getreten
- Alte Hunde hören schlechter, sehen nicht mehr so gut, brauchen länger für alles, schlafen mehr, haben vielleicht Schmerzen. Kinder müssen lernen, dass ein alter Hund noch mehr Rücksichtnahme verlangt als junge, gesunde und agile Tiere
- Auch vor diesem Fehler sei gewarnt: Ihre Kinder wollen einen Hund, Sie als Eltern nicht und schenken "ersatzweise" ein Kleintier. Damit geben Sie erstens den Kindern das Gefühl, die "schlechtere Alternative" erhalten zu haben und werden zweitens dem Tier vermutlich nicht gerecht. Denn gerade Kaninchen, die so oft als "Spielpartner" ins Kinderzimmer geholt werden, sind Tiere mit großen Haltungsansprüchen. Alle Lebewesen - und seien sie noch so klein - haben individuelle Bedürfnisse. Sie wollen mit Artgenossen laufen, rennen, springen, fliegen, buddeln und vieles mehr.
Kein Tier in einem Käfig lebt ein glückliches Leben - das können Eltern ihren Kindern früh klarmachen und den Grundstein für einen achtungsvollen Umgang mit den Tieren (und der Natur) legen.