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Unsere Tierschutz-Themen von A-Z

Hintergründe

zur Schaf- und Lammhaltung

Nahezu 1,52 Millionen Schafe leben in Deutschland. Diese Bestandszahlen hält das Statische Bundesamt fest und auch, dass die Bundesbürger/innen mit einem 700 Gramm- Pro-Kopf-Verbrauch jährlich am wenigsten Lammfleisch innerhalb der EU essen.

Und das sagt das Statistische Bundesamt noch: 39% der Schafe werden zur Fleischerzeugung gehalten – und weil gleichzeitig kostengünstig produziertes Lammfleisch aus der EU und Neuseeland importiert wird, ist das Fleisch im Handel im Jahresverlauf relativ preiswert. Absatz und Preis steigen allerdings jetzt in den Tagen vor Ostern an, gleichfalls in der Adventszeit und um das Islamische Opferfest.

Nur 2% der Schafe werden noch wegen ihrer Wolle und des Fells gehalten. Die Bedeutung der Schafhaltung für die Wollproduktion hat im Laufe des 20. Jahrhunderts drastisch abgenommen: Noch 1900 wurden annähernd 10 Millionen in Schafe in Deutschland gehalten, weil die Wolle begehrt war und sich gut verkaufen ließ. Durch die preisgünstige Baumwolle und andere Textilien ist die Schafwolle heute ein Nischenprodukt am Markt, die Kosten für die Schafschur liegen im Durchschnitt über dem Erlös der Wolle.

59% des Schafbestandes wird heute zur Landschaftspflege eingesetzt. Schafe verdichten mit ihrem Tritt den Boden und verringern damit die Erosionsgefahr. Sie halten Gräser und Kräuter kurz und tragen so dazu bei, die Grasnarbe geschlossen zu halten. Schafherden sehen wir in Wanderschafts-, Weide- oder Koppelhaltung an der norddeutschen Küste und auf den Inseln grasen, über Moor- und Heidegebiete ziehen, auf  Deichen, der Schwäbischen Alb, in Waldgebieten und vielen Gegenden mehr nach Nahrung suchen. Selbst in Weihnachtsbaumkulturen erfüllen sie eine wichtige Funktion: Hier helfen sie mit, den Pestizideinsatz zu reduzieren.      

 

Trügerische Idylle

Wer an Schafhaltung denkt, hat meist idyllische Bilder im Kopf: Von Herden, in denen die wollenen Lämmchen bei den Müttern aufwachsen und von Schäfer/innen, die ihren Traumberuf gefunden zu haben scheinen und im Einklang mit Tier und Natur leben. Doch die Realität sieht – wie in allen Bereichen der Tierhaltung – hart, ja, nicht selten grausam, aus:

Lämmern werden in den meisten Haltungen bis zum achten Lebenstag die Schwänze ohne Betäubung und ohne Einsatz von Schmerzmitteln kupiert. Das Verfahren, das in Norwegen, Schweden und Finnland verboten, in Deutschland mit dem Tierschutzgesetz (noch) vereinbar ist, fügt den wenige Tage alten Tieren große Schmerzen zu. Der Schwanz wird mit Gummiringen abgeklemmt, die Blutzufuhr unterbrochen, so dass der abgestorbene Schwanz nach zwei bis drei Wochen abfällt. Der Grund für diese Tortur: Durchfall und Geburten verschmutzen die Afterregion der Tiere. Häufig setzen sich dann Fliegenmaden fest und können sich tief ins das Gewebe fressen, die Schafe sogar töten. Alternativen: Besondere Pflege der Afterregion bei Durchfall und Geburt, Wolle dort kurz halten und gegebenenfalls den Schwanz scheren. Das macht zum Beispiel die Schäferfamilie, bei der Schönhilde, Lilly und ihre Artgenossen leben. 

Während das Schwanzkupieren nur bei weiblichen Tieren durchgeführt wird, erdulden das Durchstechen der Ohren beide Geschlechter – die Kastration ohne Betäubung hingegen nur die Schafböcke. Bis zur vierten Lebenswoche dürfen die jungen Schafe unbetäubt (!) kastriert werden.

 

Hier muss dringend etwas geschehen, fordern wir! Der Bundeslandwirtschaftsminister ist angehalten,  

  • ein Verbot für die Kastration ohne Betäubung und
  • ein Verbot für das Kupieren des Schwanzes und weitere kurative Eingriffe auf den Weg zu bringen sowie
  • gesetzlich geregelte Haltungsbedingungen für Schafe, die es bislang nicht gibt, erarbeiten zu lassen und verbindlich vorzuschreiben.

 

Schafmilch – und wohin mit den Lammböckchen?

Kaum vorstellbar und doch wahr: Wie in der Kuhmilch-Industrie birgt die Erzeugung von Schafmilch dieselben systemimmanenten Probleme: Damit ein Schaf Milch geben kann, muss es trächtig sein und vor allem schnell wieder werden. Für das Lämmchen ist die Milch nicht gedacht; der Nachwuchs wird den Müttern kurz nach der Geburt fortgenommen, in engen Buchten mit anderen Lämmern untergebracht, gemästet und nach wenigen Monaten geschlachtet. Auch in der Schafmilchproduktion werden durch Zuchtselektion spezielle Rassen eingesetzt, bei denen die weiblichen Tiere besonders viel Milch geben – ihre Brüder aber schlecht Fleisch ansetzen. So wird die Aufzucht der männlichen Tiere zu teuer, sie werden bewusst vernachlässigt, getötet oder auf quälende Transporte in inner- und außereuropäische Länder geschickt, die mehr für den Fleischpreis zahlen.

Ihre Mütter indes werfen erneut – im Schnitt bringen Schafe ein bis zwei Mal jährlich Nachwuchs zur Welt. Eine Schwangerschaft dauert fünf Monate.

 

Importe aus Neuseeland und Australien

Schafmilchprodukte führt Deutschland u.a. aus China, der Türkei und Griechenland ein. Weil die Nachfrage nach Milch, Käse, Quark und Joghurt kontinuierlich steigt, werden Schafe in einigen Ländern schon unter Bedingungen der intensiven Tierhaltung gehalten.

Anders ihre „Fleisch- und Woll-liefernden“ Kollegen aus Neuseeland und Australien: Die gewaltige Weite des Fünften Kontinents und des Inselstaats machen es möglich, riesige Schafherden mit über 10.000 Tieren über das Land ziehen zu lassen. Deutschland gehört nach China, USA und Großbritannien zu den Hauptabnehmern des kostengünstig erzeugten Schaffleisches. Mehrere Dokumentationen in den vergangenen Jahren haben aufgedeckt, wie brutal mit den Tieren u.a. beim Scheren verfahren wird.

Die Schur stresst die Tiere grundsätzlich; daher muss sie schonend erfolgen und von erfahrenen Scherer/innen durchgeführt werden. Frischgeschorene Tiere benötigen bei feuchter Witterung Schutzunterkünfte und die Wunden, die auch bei sorgsamster  Schur entstehen können, müssen medizinisch versorgt werden.

Die Dokumentationen sprachen eine andere Sprache, zeigten Scherer/innen im Akkord, die Tiere schlagen, treten, ihnen schwerste Hautwunden zufügten und die traumatisierten Tiere auf dem Boden liegen ließen. Ein weitere Methode – das Mulesing bei Merinoschafen – ist so hochgradig schmerzhaft für Tiere, dass Verbraucher/innen jedes Kleidungsstück aus Wolle, die in Australien gefertigt wurde und kein Ethiksiegel (Mulesing-free und andere (1)), im Regal liegen lassen sollten. Den Schafen werden große Fleischstücke um die sehr faltenreiche Schwanzregion ohne Betäubung herausgeschnitten, weil sich in den Falten Fliegen niederlassen und ihre Eier ablegen. Die große Wunde, die durch die Hautentfernung entsteht, vernarbt und bleibt glatt. Neuseeland hat das Mulesing inzwischen verboten, beim weltweit größten Wollproduzenten Australien verzichten die Farmbetriebe nicht durchgehend auf das grausame Verfahren, setzen jedoch zum Teil Schmerzmittel ein.    

 

Und wann wurden nun die Osterlämmer geboren?

Nicht im Frühjahr, wie die Bezeichnung vermuten lässt, sondern im November/Dezember des vergangenen Jahres. Die Lämmer werden im Stall gemästet, bis sie ein Schlachtgewicht von 40-45 Kilo erreicht haben. Vor Ostern treten die Tierkinder ihre erste und letzte Reise in den Schlachthof an.

Das Lamm als Opfertier zieht sich durch Historie und Religion. Jesu Christi starb als „Lamm Gottes“ unschuldig für die Menschen am Kreuz. Der Wiederauferstehung Christi wird zu Ostern gedacht; das Lamm steht symbolisch für das neue Leben.

Und doch so widersprüchlich: Wir lassen das Lamm das Leben symbolisieren – und nehmen es ihm im gleichen Atemzug.

Wir haben auf den ersten Seiten vom Treffen mit Cem Özdemir berichtet. Der neue Bundeslandwirtschaftsminister ist seit seinem 17. Lebensjahr Vegetarier und hat den Tierschutzverbänden zugesichert, die Weichen für eine weniger fleischbasierte Ernährung zu stellen.

Der Verzicht auf Lammbraten und weitere tierische Gerichte ist die wahre Antwort auf die christliche Botschaft des Osterfestes. Und dies übrigens auch unter dem Klimaaspekt: Wie Rinder sind Schafe Wiederkäuer, bei deren Verdauung das klimaschädliche Treibhausgas Methan entsteht. Wer Klima und Umwelt schützen möchte, sollte mit dazu beitragen, die landwirtschaftliche Tierhaltung in der heutigen Form auslaufen zu lassen, indem der eigene Konsum von tierischen Produkten hinterfragt wird.

 

(1) https://ethikguide.org/blog/gue




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